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Wenn Firmeninhaber tödlich verunglücken: Schlimmstenfalls steht ihr Lebenswerk plötzlich auf dem Spiel. Was Erbrechtler raten, um vorzubeugen

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Lesetipp wiwo.de: 

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In Fällen wie diesen stellt sich die Frage, was mit dem Unternehmen geschieht. Ein Beispiel: Nicht einmal die tödliche Diagnose, dass er Krebs hatte, brachte den Softwareunternehmer aus Hessen dazu, ein Testament aufzusetzen. „Er konnte sich einfach nicht dazu durchringen“, erzählt der Bonner Erbrechtsanwalt Andreas Frieser von der Kanzlei Redeker Sellner Dahs. Dabei war klar, dass die Lage seines Unternehmens nach seinem Tod schwierig werden könnte und damit schlimmstenfalls sogar sein gesamtes Lebenswerk in Gefahr geriete. Es kam genau so. Der 60-Jährige verstarb, seine zweite Ehefrau und zwei Kinder aus erster Ehe blieben zurück. Zuvor waren die eine durchaus harmonische Familie gewesen, schildert Anwalt Frieser.

Doch mit dem Tod änderte sich alles: „Der freundliche Umgang miteinander war mit einem Schlag wie weggewischt“, sagt Frieser. Die Gattin weigerte sich plötzlich, den Kindern zu verraten, wo ihr Mann wichtige Unterlagen verwahrte. Sie versuchte, Vermögen vor ihnen zu verbergen, und gab an, er habe ihr die fünf Millionen Euro auf den Bankkonten in Österreich noch zwei Tage vor seinem Todestag geschenkt. Insgesamt zehn Jahre stritten sich die Beteiligten, bis sie endlich eine Lösung fanden.

So abschreckend der Fall klingen mag, er stehe durchaus für eine weitverbreitete Praxis, sagt Peter Englisch. „Patriarchen schieben alle Fragen rund um ihren Tod gern beiseite. Es ist ihnen unangenehm“, beobachtet der Experte für Familienunternehmen beim Beratungsunternehmen PwC immer wieder. Und er kennt auch den Grund für diese Haltung: Gerade wer ein Unternehmen einst selbst gegründet hat, legt besonders viel Wert darauf, es auch auf Dauer zu erhalten – und traut dies kaum einem anderen zu. So lange wie möglich wollen diese Firmeninhaber deshalb die volle Kontrolle haben. Und verpassen dabei auch die allerletzte Chance, ihr Unternehmen geordnet zu übergeben.

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Auf der Suche nach Steuererleichterung

Das kommt selbst in den größten Familienunternehmen vor, wie zuletzt in der Familie Tengelmann mit ihren 86.000 Mitarbeitern. Der frühere Chef Karl-Erivan Haub verschwand 2018 spurlos bei einem Ski-Ausflug am Matterhorn. Ein Familienstreit zwischen seiner Ehefrau und den Kindern auf der einen Seite und den Geschwistern auf der anderen beschäftigte die Gerichte mehrere Jahre lang. In diesen juristischen Auseinandersetzungen versuchten die Beteiligten, eine nicht nur einvernehmliche, sondern wenn möglich auch steuergünstige Lösung zu finden. Letztlich ohne Erfolg.

Am Ende verkauften die drei Nachfahren ihre Firmenanteile innerhalb der Familie, damit sie die Erbschaftsteuern bezahlen konnten – immerhin 450 Millionen Euro. „Erstaunlicherweise versäumen es oft gerade die Besitzer gut laufender Firmen, für ihren Todesfall oder andere Unglücke vorzusorgen“, wundert sich Erbrechtsanwalt Christoph Meyer von SKW Schwarz.

Im Idealfall sorgen die Unternehmer in den letzten Tagen selbst noch vor, auch wenn sie kein Testament mehr aufsetzen. Sie sollten dann Vollmachten erteilen und die wichtigsten Informationen und Unterlagen sammeln, damit die Erben handeln können und die Firma nicht blockiert werde, sagt Frieser. Wo selbst diese Schritte unterbleiben, steht nach dem Tod des Unternehmers die Informationsbeschaffung an erster Stelle. Die beauftragten Anwälte müssen kurzfristig Kontakt zu den wichtigsten Gesellschaftern, Arbeitnehmern, Geschäftspartnern und Beratern aufnehmen, um die Lage analysieren zu können. Am besten gelingt das mit der Hilfe eines Steuerberaters oder weiterer Geschäftsführer.

 

Ein Notfallkoffer für den plötzlichen Todesfall

Auch eine langjährige Assistenz kann helfen, die wesentlichen Informationen und Unterlagen schnell zusammenzutragen: Gibt es wichtige Geschäfte, die keinen Aufschub dulden? Zentrale Verträge, bei denen Pflichten anstehen, die sofort erledigt werden müssen? Oder ist die Firma gar überschuldet? Auf den Faktor Zeit kommt es dabei durchaus an: Nur sechs Wochen haben die Hinterbliebenen laut Gesetz nach dem Tod des Erblassers, um ein Erbe auszuschlagen – was bei einer überschuldeten Firma dringend geboten ist. Am besten sollten Unternehmen deshalb einen Notfallkoffer mit einem Testament, Vollmachten, einer Patientenverfügung, dem Ehevertrag, möglichen Vormundschaftsregelungen für minderjährige Kinder, einer Vermögensbilanz der Eheleute sowie eine Liste von wichtigen Ansprechpartnern zusammenstellen.

 

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Misstrauen kann teuer werden: Wenn wirklich keiner an den Safe kann

Wer sich die Mühe spart, dem kann es ergehen wie einem Unternehmer aus Estland, der bei einem Treppensturz eine Kopfverletzung und ein Trauma erlitt. Er vergaß dadurch die Nummer seines Schweizer Kontos, auf dem ein zweistelliger Millionenbetrag schlummerte, das gesamte Familienvermögen. Niemandem hatte der Mann vertraut und die Zahlen verraten. Englisch sollte helfen, an das Geld zu kommen. Doch das gelang ihm nicht. „Hätte er die Zahl wenigstens im Umschlag bei einem Notar hinterlegt, hätte die Familie heute ihr Vermögen“, so der Berater.

Selbst wenn der Erblasser in allerbester Überzeugung handelt, kann der ungeregelte Erbfall zu großen Problemen führen. Das schildert Berater Englisch am Beispiel eines Industriellen aus dem Ruhrgebiet, der Gusserzeugnisse verkaufte und Walzgießereien mit insgesamt 2000 Mitarbeitern betrieb. Die Ärzte eröffneten ihm die Krebsdiagnose, als Gespräche mit Investoren liefen, Expansionspläne fertig in der Schublade lagen und der Börsengang als Planspiel angedacht wurde. Doch es kam anders: Der Patriarch feierte seinen 70. Geburtstag noch ganz groß und verstarb kurz danach. Bis zum Schluss „glaubte er, über den Dingen zu stehen und alles kontrollieren zu können“, erinnert sich Englisch. Ein Testament hinterließ er nicht, auch über den Stand der diversen Verhandlungen blieb seine Familie im Unklaren.

 

Wenn plötzlich uneheliche Kinder auftauchen und die Firma geopfert wird

Und so zerbrach, was wenige Wochen vorher noch in der Huldigung des Jubilars vereint gewesen war. Die Zwangsgemeinschaft aus der aktuellen Lebensgefährtin, deren Kind und der Ehefrau samt gemeinsamem Kind zerstritt sich. Plötzlich tauchten auch noch zwei außereheliche Kinder auf, von denen niemand bis dahin etwas geahnt hatte. Das Unternehmen war blockiert: IT-Projekte wurden verzögert, Investitionen unterblieben. Am Ende kaufte ein Investor aus Osteuropa den gesamten Konzern zum Schnäppchenpreis von 200 Millionen Euro, obwohl das Unternehmen mindestens 400 Millionen Euro wert war, erzählt Englisch.

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Quelle: WirtschaftsWoche/HRI 2021; alphabetische Sortierung

 

 

 

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